Phonetik
Phonetik, nach neuer deutscher Rechtschreibung auch Fonetik, ist ein interdisziplinäres Fachgebiet zwischen Sprachwissenschaften (Linguistik), Anatomie, Neurologie, Physiologie, Physik und Mathematik. Forschungsgegenstand ist die menschliche Sprache. Genauer gesagt beschäftigt sich die Phonetik mit den Lauten, die für die menschliche Sprache essenziell sind und wird daher auch als Lautlehre bezeichnet. Als Lehre vom Sprechen untersucht sie die Methoden und Grenzen der menschlichen Sprachproduktion und des Sprachverständnisses. Dabei spielen verschiedene Aspekte eine Rolle: Die Lautproduktion im Artikulationstrakt, der sich aus Lunge, Kehlkopf, Rachen, Mund- und Nasenbereich zusammensetzt; die akustischen Eigenschaften der Laute aus physikalischer Sicht; die Wahrnehmung und Verarbeitung von Lauten durch Ohren und Gehirn.
Teilgebiete der Phonetik
Die Phonetik teilt sich in drei hauptsächliche Gebiete:
- Artikulatorische Phonetik: Lehre vom Aufbau und der Funktion des Sprechapparats sowie dessen Einsatzes beim Sprechakt.
- Akustische Phonetik: Lehre von der physikalischen Struktur der Schallwellen als Träger sprachlicher Laute.
- Auditive oder perzeptive Phonetik: Lehre von der Wahrnehmung der sprachlichen Laute.
Die Phonetik im Musical
Im Musical ist in erster Linie die angewandte Phonetik von Bedeutung. Darsteller müssen lernen, ihren Sprechapparat zur Formung von möglichst verständlichen Lauten zu verwenden – beim Singen sowie beim Sprechen. Das ist vor allem für Nicht-Muttersprachler häufig eine große Herausforderung. Obwohl sie die Sprache des Musicals manchmal kaum oder nicht beherrschen, sollte das Publikum den gesprochenen und gesungenen Text ohne Probleme verstehen können. Wer schon einmal ein Musical mit internationaler Cast besucht hat, weiß, dass das gerade bei den Gesangseinlagen nicht immer klappt.
Phonetik-Training für eine deutliche Aussprache
Das Problem der undeutlichen Aussprache gab es bereits zu Beginn des Musical-Booms in Deutschland. In den 1980er Jahren gab es noch kaum deutsche oder deutschsprachige Darsteller, Produktionen arbeiteten daher mit internationalen Darstellern zusammen. Heute hat sich das zwar weitgehend geändert, dennoch stehen für einige Musicals Nicht-Muttersprachler auf der Bühne. Und auch Muttersprachler brauchen oft Unterstützung, um etwa dialektfrei zu artikulieren. Große Produktionen beschäftigen daher in der Regel spezielle Phonetik-Lehrer für eine deutliche Aussprache.
Die Geschichte der Phonetik
Die Ursprünge der Phonetik als wissenschaftliche Fachdisziplin reichen bereits bis ins 8. Jahrhundert vor Christus zurück. Auf dem indischen Subkontinent erforschte man damals die Phonetik des Sanskrit. In der europäischen Antike legten Ärzte und Naturwissenschaftler den Grundstein für die Beschreibung der menschlichen Artikulationsorgane. Im Mittelalter machte die Forschung zur sprachlichen Lautproduktion und -rezeption eher Rückschritte, was sich erst in der Renaissance wieder änderte. Unter anderem die Aufzeichnungen von Leonardo da Vinci trugen zum Verständnis über den Aufbau des Kehlkopfes bei.
Der Aufstieg der Naturwissenschaften in der Neuzeit bildete dann die Basis für die Phonetik als naturwissenschaftliche Disziplin. Zu den Vorläufern gehört unter anderem die akustische Schwingungslehre des Mathematikers Leonhard Euler, der im späten 18. Jahrhundert versuchte, die akustischen Eigenschaften von Vokalen genauer zu beschreiben. In diese Zeit fallen auch die ersten Versuche, Sprache künstlich zu erzeugen. Mit der Entwicklung des Phonographen im 19. Jahrhundert standen schließlich technische Möglichkeiten zur Verfügung, um sprachliche Laute aufzuzeichnen und zu analysieren. Im deutschsprachigen Raum wurde die Phonetik 1919 erstmals als eigenständige Disziplin anerkannt.