CHICAGO Musical Kritik
CHICAGO, der Broadway-Hit von John Kander und Fred Ebb, ist ein ungewöhnliches Musical für Stage Entertainment: reduziertes Bühnenbild, kaum Kulissenwechsel, starker Fokus auf Musik und Tanz. Seit dem 6. November 2014 läuft das Musical im Stage Palladium Theater in Stuttgart. Wie heiß und verführerisch die Show tatsächlich ist, hat sich das Team von Musical1.de selbst angesehen.
Eine Geschichte um Leidenschaft und Verrat
Nachtclubsängerin Roxie Hart ermordet ihren Liebhaber und kommt ins Gefängnis. Dort trifft sie auf die Tänzerin Velma Kelly, die einen ganz ähnlichen Hintergrund hat. Mit Hilfe der gerissenen Mama Morton und des durchtriebenen Anwalts Billy Flynn ist Velma aus dem Gefängnis heraus zum Medienstar geworden – Morton und Flynn wittern auch in Roxie Potenzial. Zunächst freunden sich Roxie und Velma an; doch als Roxies Popularität wächst, entspinnt sich ein Spiel aus Eifersucht, Verrat und Intrigen.
Reduziertes Bühnenbild und schlichte Kostüme
Stage Entertainment hat in den vergangenen Jahren vor allem auf Musicals der großen Show-Effekte gesetzt. Egal, ob DER KÖNIG DER LÖWEN, ROCKY oder TARZAN, auf der Bühne wird den Zuschauern meist allerhand geboten. Der Unterschied zwischen den beiden Stuttgarter Musicals TARZAN und CHICAGO könnte nun größer kaum sein: TARZAN begeistert mit rasantem Affentanz und spektakulären Stunts hoch in der Luft, CHICAGO setzt auf Jazz und verruchte Tänze vor fast schwarzer Bühne (Bühnenbild: John Lee Beatty). Wenige Kulissenwechsel, sehr gezielter Farbeinsatz: So schlicht hat man die Bühne des Stage Palladium Theaters selten gesehen.
Die Kostüme der Darsteller (Kostüm: William Ivory Long) wirken eher minimalistisch, wenn auch verführerisch; schlicht, aber sexy könnte hier das Motto gelautet haben. Die Frauen tragen knappe Kleidchen aus Spitze oder durchsichtige Hemdchen, die Herren stehen in eleganten Anzügen auf der Bühne, die Tänzer in transparenten Netzoberteilen. Der vorherrschende Farbton ist schwarz, auf der Bühne wie auch in den Kostümen. Kontrastreich glitzern die beiden Goldrahmen, von denen einer die ganze Bühne einfasst, der andere das stets sichtbare Orchester umrahmt. Etwas mehr Farbe bringen Federboas, Fächer und weitere Accessoires ins Spiel. Mit dieser Version bleibt Regisseur Walter Bobbie seiner Revival-Inzenierung treu, die bereits seit 18 Jahren am Broadway zu sehen ist. Associate Director Tania Nardini hat das Konzept so gut wie unverändert ins Stuttgarter Palladium Theater übertragen.
Starke Stimmen und laszive Tänze
Die reduzierte Inszenierung lenkt den Blick vollkommen auf die Darsteller und Tänzer. Und die konnten sich am Abend des 14. Februar, als Musical1.de in der Show zu Gast war, durchaus sehen und hören lassen. Ein erster Höhepunkt war gleich die Eröffnungsnummer „All that Jazz“, gesungen von Lana Gordon in der Rolle der Velma Kelly. Ihre unvergleichliche Soulstimme verlieh dem Song genau den Hauch Erotik, den ein Stück wie CHICAGO benötigt. In der Rolle der Roxie Hart hauchte sich Carien Keizer durch ihre Songs. Die Niederländerin zeigte ihre Roxie als manchmal naives, manchmal aber durchaus durchtriebenes Mädchen, dass sich neben der selbstbewussten Velma Kelly zu bewähren weiß. Durch ihr blondes Haar hob sie sich schon optisch von der dunklen Kulisse ab: Ein gefallener Engel im Frauenknast, doch gar nicht so lieb und naiv, wie man auf den ersten Blick meinen könnte. Als Billy Flynn stand an diesem Abend nicht der erst kürzlich vom Broadway zurückgekehrte Pasquale Aleardi, sondern Livio Cecini auf der Bühne. Er schaffte es, den Anwalt in genau der richtigen Mischung aus Schmierigkeit und Charme darzustellen. Eine besondere Überraschung ist Martin Schäffner, der die Reporterin Mary Sunshine gibt. Mit glasklarer Falsett-Stimme sang sich Schäffner durch die Frauenrolle – es machte genau so viel Spaß, ihm zuzuhören, wie ihm zuzusehen. Auch Isabel Dörfler gefiel in ihrer Rolle als Mama Morton und durfte zeigen, welche Kraft hinter ihrer Stimme steckt. Volker Metzger gab den gehörnten Ehemann Amos Hart und verlieh der Rolle eine verletzliche, leicht unbeholfene Ausstrahlung.
Ein weiterer Star neben den Darstellern sind die Choreografien. Ann Reinking entwickelte die lasziven, verführerischen Tanznummern für den Broadway, Gregory Butler hat sie für die Bühne des Palladium Theaters umgesetzt. Ob bei den Tänzen der Hauptdarsteller oder bei den Auftritten des Ensembles – alle Darsteller überzeugten durch große Körperbeherrschung und ein hervorragendes Zusammenspiel.
14köpfiges Orchester
Selten haben Musical-Fans die Gelegenheit, das Orchester während einer Aufführung nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen. Dass gleich 14 Musiker aufspielen, ist bei vielen aktuellen Musicals eher die Ausnahme. Bei CHICAGO ist das der Fall, die Musiker sind dauerhafter Teil der Kulisse, bilden praktisch das Bühnenbild. Dirigent Klaus Wilhelm hatte sein Orchester fest im Griff, gespielt wurde in Big-Band-Besetzung, mit gleich zwei Klavieren und einer Violine als Extra.
Mit CHICAGO geht Stage Entertainment einen eher ungewohnten Weg. Gute Darsteller mit starken Stimmen, eine hervorragende Orchesterleistung und sehenswerte Choreografien haben für einen unterhaltsamen Abend gesorgt.
Abendbesetzung 14.02.2015
Hauptdarsteller:
- Roxie Hart: Carien Keizer
- Velma Kelly: Lana Gordon
- “Mama” Morton: Isabel Dörfler
- Mary Sunshine: M. Schäffner
- Billy Flynn: Livio Cecini
- Amos Hart: Volker Metzger
Damenensemble:
- Natalie Bennyworth
- Rachel Colley
- Julieta Anahi Frias
- Zoe Leone Gappy
- Fleur Jagt
- Dorit Oitzinger
Herrenensemble:
- Danilo Brunetti
- Connor Collins
- Alex Frei
- Philipp Hägeli
- Ross McDermott
- Bryan Mottram
- Timo Muller
Musikalische Leitung: Klaus Wilhelm
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von VG Wort zu laden.
Kommentar hinterlassen


WOW…..habe es am Samstag Abend (06.12.2014) gesehen und bin einfach nur Begeistert.
Aus so wenig so viel auf die Bühne zu bringen, die Cast die sehr gut war und vor allem das Orchester. All That Jazz…..so ist also Broadway 😉
Mehr braucht es meiner Meinung nach nicht………………..I like It